Zehn Jahre Darmkrebszentrum Bremen West
Patienten profitieren von der Zusammenarbeit verschiedener Experten
Medizinischen Zentren garantieren hohe medizinische Fachlichkeit zum Wohl der Patienten. Dies ist auch der Ansatz des Darmkrebszentrum Bremen West im DIAKO, das in diesem Frühjahr seit zehn Jahren durchgehend zertifiziert ist und so seine hohe Behandlungsqualität unter Beweis stellt.
Der Chefarzt der Chirurgie, Professor Dr. Stephan M. Freys, leitet das Darmkrebszentrum. Für ihn ist klar, dass die „fachübergreifende, qualitätsgesicherte, inhaltlich und strukturell abgestimmte Zusammenarbeit in einem Darmkrebszentrum optimale Voraussetzungen für eine kompetente Versorgung von Patienten mit der komplexen Erkrankung Darmkrebs bietet. Das Zentrum könne dank der interdisziplinären Betreuung eine Behandlung nach festgelegten Standards sicherstellen. Anlässlich des Jubiläums hatte Professor Freys mit seinen am Darmzentrum beteiligten Chefarztkollegen Professor Dr. Martin Katschinski, Dr. Carsten Moser (beide Medizinische Klinik I) und Professor Ralf U. Trappe (Medizinische Klinik II) zu einer Informationsveranstaltung ins Foyer des Zentrums für Strahlentherapie und Radioonkologie (Professor Dr. Ulrich Carl) eingeladen.
Freys betonte, dass die Ansiedlung des Zentrums für Strahlentherapie im Untergeschoss des Ärztehauses Anstoß für die Zertifizierung des Darmkrebszentrums gewesen sei. In seinem Vortrag zog Freys Bilanz und stellte die Frage: Brauchen wir Darmkrebszentren. Die Antwort fiel zwiespältig aus: „Die Behandlung der Patienten ist in Darmzentren belegbar besser. Außerdem sind sie ein Motor der medizinischen Weiterentwicklung. Aus Patientensicht also ein echter Gewinn. Wirtschaftlich zahlt es sich jedoch nicht aus, da die Kassen die bessere Behandlungsqualität und den hohen Aufwand, der hinter dem Erhalt eines Zentrums liegt, nicht gesondert honorieren.
Professor Katschinski und Dr. Moser gingen in ihren Beiträgen auf die unterschiedlichen Methoden der Vorsorge ein. Professor Katschinski erläuterte den immunologischen Stuhltest, die computertomographische Darstellung des Dickdarms (virtuelle Koloskopie) sowie Bluttests (liquid biopsy). Der Stuhltest sei eine gute Methode im Vorfeld der Darmspiegelung und erkenne 80 Prozent der Erkrankungen. Die virtuelle Koloskopie setzte den Patienten einer hohen Strahlenbelastung aus und erkenne flache Polypen eher schlecht. Die Bluttests seien noch nicht ausgereift, aber dürften in der Zukunft an Bedeutung gewinnen. Sein Fazit: „Alle Methoden erkennen Darmkrebs relativ gut, aber nicht mit Sicherheit. Zudem sind alle Methoden schlecht in der Erfassung vor allem flacher Polypen.“
Dr. Moser erläuterte die Darmspiegelung (Koloskopie) als zweite etablierte Säule der Darmkrebsvorsorge. „Dickdarmkrebs entwickelt sich in der überwiegenden Zahl der Fälle aus gutartigen Polypen. Durch Darmspiegelungen können diese sehr zuverlässig aufgespürt und abgetragen werden, sodass aus diesen Adenomen kein Krebs an der Stelle entstehen kann.90 Prozent von Dickdarmkrebs kann durch Spiegelungen so früh entdeckt werden, dass sie gut heilbar sind.“ Mit anderen Worten: Eine Koloskopie ist die sicherste und effektivste Methode der Vorsorge.
In seinem Vortrag „Was ist eigentlich Chemotherapie“ verdeutlichte Professor Trappe, dass es darauf keine schlichte Antwort gebe, sondern diese immer auf die Erkrankung und den Patienten abgestimmt sei. Dies stellte der Onkologe sehr anschaulich dar: Erhält eine 53-jährige Frau mit altersdurchschnittlicher Komorbidität und vier positiven Lymphknoten nach der erfolgreichen Operation keine unterstützende Chemotherapie, liegt die Wahrscheinlichkeit der Sterblichkeit in den kommenden fünf Jahren bei knapp 50 Prozent. Mit adjuvanter Chemotherapie steigt die Chance zu überleben um 20 auf 70 Prozent. Eine 84-jährige Frau mit 4 positiven Lymphknoten hat in den fünf Jahren nach erfolgreicher Operation eine Überlebenswahrscheinlichkeit von 29.4 Prozent. Diese steige bei hochdosierter Chemotherapie um 13,6 auf 43 Prozent. Allerdings leide die Lebensqualität der alten Dame, sodass sie eine besser verträglich Chemotherapie ohne Oxaliplatin erhalten könne, die die Überlebenswahrscheinlichkeit immerhin noch um 10,6 Prozent steigere. Trappe: „Die Kombinationsmöglichkeiten der Wirkstoffe sind extrem vielfältig. Studien testen die Kombinationen und liefern wichtige Erkenntnisse. Darum beteiligen wir uns auch an zahlreichen Studien.“
„Wir hoffen, dass wir verdeutlichen konnten, wie wichtig das Zusammenspiel der unterschiedlichen Fachdisziplinen in unserem Darmkrebszentrum ist“, fasste Professor Freys zusammen. „Nur im Miteinander können wir den Patienten die bestmögliche Behandlung bieten.“