

Organspende – eine freiwillige, aber sehr wichtige Entscheidung
Während es in anderen Ländern einen aktiven Widerspruch gegen die Organspende braucht (ohne diese ist jeder erst einmal Organspender), ist es in Deutschland nach wie vor eine freiwillige Einwilligung. Wie wichtig es dennoch ist, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, weiß Sonja Schäfer. Als Organspendenbeauftragte Bremen/Bremerhaven ist es ihre Aufgabe, über das Thema Organspende ergebnisoffen zu informieren.
„Wer sich zu Lebzeiten Gedanken über die Organspende macht und eine Entscheidung trifft, entlastet damit die eigenen Angehörigen in einer sehr schwierigen Situation, falls diese eintritt“, so Schäfer. In einem Organspendenausweis, einer Patientenverfügung oder auch mündlich gegenüber den engsten Verwandten kann diese Entscheidung festgehalten und für den Ernstfall kommuniziert werden. „Im Falle des irreversiblen Ausfalls von Kleinhirn, Großhirn und Stammhirn (IHA, auch umgangssprachlich ‚Hirntod‘ genannt) sprechen Ärzte die Angehörigen an, um zu erfahren – sollte es nicht schriftlich vorliegen – was sich der Verstorbene in Bezug auf die Organspende gewünscht hätte. Für die Angehörigen ist das dann eine sehr schwierige Situation, wenn zuvor nie darüber gesprochen wurde.“
Der Verstorbene sei zu dem Zeitpunkt zwar ‚hirntot‘, doch durch die Weiterbehandlung für den Fall eines Organspendenwunsches wird er weiter beatmet. So kann es den Anschein haben, der Verstorbene sei noch am Leben. Das ist aber nicht der Fall, betont die Organspendenbeauftragte. „Wenn der sogenannte ‚Hirntod‘ eintritt, ist dieser irreversibel, also unumkehrbar. Es ist schwer zu begreifen für die Angehörigen, da durch die Beatmung der Verstorbene wie lebendig aussieht.“ Die Ärzte seien durch das Transplantationsgesetz verpflichtet die Therapie fortzuführen (z.B. Beatmung) bis geklärt ist, ob der Verstorbene seine Organe spenden wollte.
Ängste gibt es im Zusammenhang mit der Organspende viele – wenige möchten sich mit diesem Thema näher befassen. So bleibt eine Sorge, ob man wirklich nicht wieder aufwachen könnte. „Aus dem Koma zu erwachen ist etwas ganz anderes als ein eindeutig festgestellter ‚Hirntod‘ (IHA). Hier ist keine Durchblutung im Gehirn mehr festzustellen. Das bedeutet, dass das Gewebe im Gehirn schon nach 10 Minuten ohne Durchblutung abstirbt. Anders als zum Beispiel bei der Haut regeneriert sich dieses Gewebe nicht“, erklärt die Organspendenbeauftragte.
Den ‚Hirntod‘ (IHA) festzustellen ist Aufgabe von zwei unabhängig voneinander agierenden Fachärzten. Diese sind auch an der Transplantation nicht beteiligt. Sie führen verschiedene Untersuchungen durch – unter anderem ein Angio CT, um sicher zu gehen, dass das Gehirn nicht mehr durchblutet wird. So wird der Tod des Patienten festgestellt.
Ist der Patient ‚hirntot‘ bleiben nur zwei Optionen – das Spenden der Organe oder das Beenden der Therapie (Ausschalten der Maschinen). Die Beatmungsmaschinen laufen weiter, um die Organe und den Kreislauf für eine mögliche Explantation aufrecht zu erhalten. Entscheiden sich die Angehörigen (bzw. der Verstorbene durch einen geäußerten Willen) gegen eine Organspende, wird die Therapie beendet, was durch das Abschalten der Maschinen zum Herzstillstand führt.
Bei einer Entscheidung für die Organspende kann der Verstorbene bei der Explantation keine Schmerzen empfinden, betont Schäfer. „Alle Sinne – Hören, Schmecken, Riechen – werden im Gehirn verarbeitet. Wenn es dort keine Durchblutung gibt und das Gewebe abgestorben ist, kann auch keine Übertragung der Reize, wie zum Beispiel Schmerz, stattfinden.“
Der Abschied ist unterschiedlich: Während die Angehörigen beim Beenden der Therapie (und somit beim Herzstillstand) dabei sein können, ist es im Falle einer Organspende möglich sich entweder vor der Explantation auf der Intensivstation oder nach der Explantation von dem Verstorbenen zu verabschieden. „Diese Möglichkeiten werden den Angehörigen angeboten. Wie auch die Organspende ist der Abschied eine individuelle Entscheidung, in diesem Fall der Angehörigen. Für manche Menschen ist es ein Trost zu wissen, dass durch die Organspende eventuell einem anderen Menschen geholfen werden kann – das etwas überdauert.“ Aus ihrer eigenen Erfahrung als Anästhesieschwester weiß sie, wie tröstlich es sein kann, als medizinische Fachkraft ein paar Wochen nach einer Explantation einen Brief zu bekommen, der darüber informiert, dass die Organe transplantiert wurden. „Auch die Angehörigen können darüber von der Deutschen Stiftung Organtransplantation informiert werden, wenn sie das wünschen.“
Im vergangenen Jahr 2021 wurden 933 Organspenden vorgenommen. Der Bedarf ist groß - ungefähr 8.000 Patientinnen und Patienten stehen auf der Warteliste. „Es kommen nur relativ wenig Menschen für eine Organspende in Frage, da man dafür viele Kriterien erfüllen muss.“ Trotzdem, so betont die Organspendenbeauftragte, ist und bleibt es eine individuelle Entscheidung für oder gegen die Organspende - auch wenn es keine leichte Entscheidung und sicher kein angenehmes Thema ist. „Wir haben das Glück, selbstbestimmt darüber entscheiden zu können. Ich bin froh, wenn Menschen sich damit beschäftigen und ihren Willen in irgendeiner Form festhalten. Das kann im Ernstfall für das Behandlungsteam und die Angehörigen eine große Erleichterung sein.“
Hinweis:
In einem Vortrag über Organspende der DIAKO Gesundheitsimpulse stellt Sonja Schäfer die medizinischen, rechtlichen und ethischen Aspekte der Organspende und die Vereinbarkeit mit der Patientenverfügung vor. Interessierte sind herzlich zu Fragen und einer Diskussionsrunde eingeladen, um in der ganz persönlichen Entscheidungsfindung unterstützt zu werden. Der kostenfreie Vortrag findet am Donnerstag, 25. August, um 17 Uhr sowie am Dienstag, 4. Oktober, um 17 Uhr sowohl im Seminarhaus im Park, Gröpelinger Heerstraße 406 – 408, 28239 Bremen, als auch online statt. Um Anmeldung bei den DIAKO Gesundheitsimpulsen unter 0421 6102-3456 oder gesundheitsimpulse(at)diako-bremen.de wird gebeten.
Text: Regina Bukowski