Neue medikamentöse Therapie bei Nasennebenhöhlenentzündungen
Ein echter Gewinn für Patienten
Etwa jeder zehnte Deutsche leidet an einer Nasennebenhöhlenentzündung, die vielfach auch chronisch verläuft. Nun wurde eine neue Wirkstoffgruppe für die schwere Form der Erkrankung zugelassen, die bereits bei der Behandlung von Neurodermitis und allergischem Asthma eingesetzt wird. Professor Dr. Ercole Di Martino, Chefarzt der DIAKO-HNO, erläutert, warum die neue medikamentöse Behandlung für Patienten einen echten Therapiegewinn darstellen kann.
Professor Di Martino, wie sieht die klassische Behandlung von Nasennebenhöhlenentzündungen aus?
Professor Di Martino: Viele Therapieoptionen stehen Patienten mit chronischer Nasenschleimhautentzündung und Nasenpolypen bislang nicht zur Verfügung. Cortison, als Nasenspray oder Tabletten, soll die Entzündung lindern, Nasenspülungen die geschundene Schleimhaut befeuchten und Antibiotika den Patienten von Keimen befreien. Bilden sich die Polypen durch die medikamentöse Behandlung nicht oder nicht weit genug zurück, müssen sie operativ entfernt werden.
Wie erreichen Sie die Nebenhöhlen operativ?
Professor Di Martino: Wir operieren endonasal. Das heißt, wir gehen mit dem Endoskop durch die natürliche Nasenöffnung und befreien die Nasennebenhöhlen von Schleim, Polypen, Zysten und Eiter.
Und dann ist das Problem behoben?
Professor Di Martino: Meistens, aber leider nicht immer. Denn bei rund jedem siebten Patienten treten die gleichen Beschwerden wieder auf und es kommt zu Re-Operationen, was natürlich belastend ist für die Betroffenen. Wenn eine weitere operative Behandlung nicht sinnvoll ist, können die neuen Biologika eingesetzt werden. Ein echter Therapiegewinn für die Patienten, die Polypen schmelzen oft wie Butter in der Sonne.
Wie wirken die Biologika?
Professor Di Martino: Es handelt sich dabei um therapeutische Antikörper, der gezielt die allergietypischen Botenstoffe des Immunsystems blockieren. In den Studien, nach denen der neue Wirkstoff gegen Sinusitis seine Zulassung erhielt, hat der Antikörper den Probanden deutliche Linderung gebracht; auch ist das Nebenwirkungsprofil günstiger als das von Cortison.
Machen sie künftig die Operation überflüssig?
Professor Di Martino: Leider nein. Wie gesagt, Biologika können erst genutzt werden, wenn eine weitere OP nicht mehr sinnvoll ist. Die bisherige Stufentherapie mit Cortison und möglicher nachfolgender Operation wird weiterhin die Therapie der ersten Wahl bleiben. Die Biologika-Therapie bleibt besonders schwer betroffenen Patienten mit kompliziertem Verlauf vorbehalten. Über ihren Einsatz sollte immer mit erfahrenen HNO-Ärzten beraten werden.
Handelt es sich bei der Verabreichung der Biologika um eine einmalige Therapie?
Professor Di Martino: Nein, es ist eine permanente, wahrscheinlich lebenslange Behandlung: Die neuen Medikamente müssen dauerhaft genommen werden. Und sie sind sehr teuer. Man muss aktuell mit jährlich etwa 6000 Euro für diese Behandlung rechnen. Da sind die Kostenträger natürlich kritisch. Bei fachgerechter Indikationsstellung werden die Kosten von der Kasse aber übernommen. Als Krankenhausarzt kann ich diese Medikamente Patienten auch nicht verordnen. Ich kann nur anregen, dass der nachbehandelnde niedergelassene Kollege sie verschreibt. Für die betroffenen Patienten ist das in den meisten Fällen ein echter Gewinn an Lebensqualität.
Text: Ingo Hartel